Heinz Landolt ist im
Glarnerland geboren
und aufgewachsen.
Er absolvierte eine
Ausbildung als
Chemigraf, Fotograf
und Repro-Fotograf
und besuchte
berufsbegleitend
die Kunstgewerbe-
schule in Zürich.


 

Warten auf den richtigen Augenblick
 
Freitagsgespräch
Der Dietiker Fotograf Heinz Landolt zeigt eine virtuelle Werkschau
 
(Interview mit Simone Buchmann. Erschienen am 11. Juli 2003 im Limmattaler-Tagblatt)
 
Für einen Kunden hatte der Dietiker Fotograf Heinz Landolt einst den Auftrag, einen Zackenbarsch im Zoo Zürich zu fotografieren. Er hatte seine Arbeit eigentlich erledigt, wollte schon die installierten Blitzgeräte und die Kamera abmontieren. Er liess sich vorher aber noch auf einen kurzen Schwatz mit dem Verantwortlichen der Aquarien ein. Da passierte es: Der Zackenbarsch schnellte hinter einem Stein im Aquarium hervor, riss seinen Mund auf, zuerst nur ein wenig, dann immer weiter. Heinz Landolt drückte ab - geistesgegenwärtig. Zum Glück, erzählt er, habe er damals die Nerven gehabt, noch einige Sekundenbruchteile zuzuwarten, bis der Rachen einen Kreis formte: «Es hätte auch schief gehen können.»
 
Doch Landolt hatte Glück. Das Bild ging um die Welt und etablierte seinen Ruf als profilierter Tierfotograf. Es sei nichts als gerecht gewesen, sagt Landolt heute, dass einer, der Stunden mit Warten auf den richtigen Augenblick verbracht hatte, mit so viel Glück belohnt wurde.
 
Die meisten Ihrer Tierfotografien sind nicht in der freien Wildbahn entstanden, sondern in zoologischen Gärten. Warum haben Sie bevorzugt Tiere in Gefangenschaft abgelichtet?
 
Heinz Landolt: Dies hat mit meiner speziellen Technik, der Zinkografie, zu tun. Das Gehege war für mich wie ein Atelier. Ich wollte das Tier aus der Nähe ablichten und seine Charaktereigenschaften überzeichnen, indem ich das entsprechende Material wählte und das Bild entsprechend gestaltete. Meine Tierfotografien sind im Prinzip Porträts, wo die Individualität des Tieres im Vordergrund steht. So etwas ist in der freien Wildbahn schlicht nicht realisierbar. Dort fotografierte ich hauptsächlich konventionell.
 
Wie weit würden Sie gehen, um ein gutes Bild zu schiessen?
Landolt: Sehr weit. Mehr als einmal im Leben habe ich für eine Aufnahme eine Grenze überschritten, die vielleicht lebensgefährlich hätte werden können. Beispielsweise, wenn ich in einem Gehege einer Raubkatze sehr nahe kam. Wenn die Tiere auf meinen Bildern fauchen, so kommt das nicht von ungefähr. Im Moment selbst habe ich die Risiken aber meistens gar nicht hinterfragt. Ich wurde mir der Gefahr oft erst im Nachhinein bewusst.
 
Sie haben auch ein Leben lang Werbeaufnahmen gemacht. Haben Sie sich dabei
von den Risiken der Tierfotografie erholt?
Landolt: Nein, überhaupt nicht. Zum einen, weil die Werbefotografie immer mit einer grossen Belastung verbunden war. Wenn man ein aufwändiges Setting hatte, so musste die Aufnahme unbedingt gelingen, denn da war immer viel Geld im Spiel. Und auch in der Werbefotografie musste ich manchmal Ängste überwinden. Für Aufnahmen aus der Vogelperspektive wurde ich einst unterhalb der Tür eines Helikopters angebunden, ausgerüstet mit drei Kameras, die mir um den Hals baumelten. Nach dieser Aktion wachte ich noch zwei Wochen lang schweissgebadet auf, weil ich geträumt hatte ich würde in die Tiefe fallen. Ich habe nämlich eine extreme Höhenangst. Freiwillig hätte ich das daher nie und nimmer gemacht.
 
Sie haben eine unverkennbare Handschrift entwickelt. Wie haben Sie dazu gefunden?
Landolt: Mein Arbeitsumfeld führte dazu, dass ich meine Motive selbst entwickeln konnte. Das Wichtigste für mich war die Selbstständigkeit. Ich wollte mich nicht in die Abhängigkeit begeben, wo ich nur noch der technisch ausführende Teil gewesen wäre. Daher war ich frei, meine Bildideen vom Anfang bis zum Ende umzusetzen. Ein ganz wesentlicher Anteil trägt auch meine Frau, indem sie mir für meine Tätigkeit den Rücken frei hielt und ich mich nie mit Administrativem beschäftigen musste.
 
Gestalterische Präzision, Ausdauer und höchste Qualität standen für Heinz Landolt immer an oberster Stelle. Dafür konnte er in seinem Berufsleben zahlreiche Erfolge feiern. Am Internationalen Nikon-Fotowettbewerb wurde er zweimal mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Der Stellenwert dieser Auszeichnung wird vielleicht am besten veranschaulicht, wenn man sich vor Augen hält, dass daran jeweils rund 30 000 Bewerber aus 28 Ländern teilnehmen. Und er durfte für den französischen Tierschutz das bibliophile Buch «Pense-Bête» mit seinen Zinkografien gestalten.

Die Zinkografie ist ein Verfahren, das Landolt selbst entwickelt hat, um seiner Vorstellung eines Tierporträts eine besondere Ausdruckskraft zu verleihen. Sie ist eine Zusammenführung von Techniken der Fotografie und der Reprografie. «Aufgrund meiner Ausbildung als Reprograf und Fotograf war es mir möglich, eine neue Technik zu entwickeln, für die es normalerweise zwei Personen gebraucht hätte», erzählt Landolt. In diesem Gebiet sei ihm daher auch nie eine ernsthafte Konkurrenz erwachsen.
Die Vielseitigkeit des fotografischen Werks von Heinz Landolt ist seit kurzem auf dem Internet zu bewundern. Es sei schon immer sein Traum gewesen, eine Berufsbiografie zu machen, sagt Landolt. Das Internet eigne sich dazu hervorragend, denn keine «normale» Ausstellung könne
so umfassend und so weltumspannend sein wie diese.

In den 50
Jahren, in denen Sie in Ihrem Beruf tätig sind, hat sich die Technik rasant weiterentwickelt. Die analoge Fotografie wird immer mehr von der digitalen abgelöst. Bedauern Sie das?
Landolt: Nein, denn ich glaube, dass sich am Ende beide Formen halten werden, so wie sich auch die schwarz-weiss Fotografie gehalten hat. Man wird die analoge und die digitale Fotografie wohl als zwei verschiedene Medien ansehen müssen, die auch verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Technischer Fortschritt ist immer gut, wenn er nicht auf Kosten der Qualität geht.
 
Heute sind die Möglichkeiten, an einem Bild Veränderungen vorzunehmen, schier
unbegrenzt.
Landolt: Veränderung als gestalterisches Mittel finde ich legitim. Früher war die Positiv-Retusche beispielsweise ein tolles Mittel, um die Bildaussage zu steigern. Heute kann man solche Veränderungen auch auf dem Computer vornehmen. Dort aber, wo die Bildaussage verfälscht wird, würde ich eine Veränderung als Manipulation bezeichnen. Das berühmte Borer-Bild war so ein Fall. Das war eindeutig gefälscht, da braucht man gar nicht erst dicke Bücher darüber zu schreiben.

Was halten Sie von der modernen Kriegsberichterstattung?
Landolt: Sie schockiert nur, aber sie dokumentiert nicht. Den Bildern von Toten oder Misshandelten fehlt die Einbettung in einen grösseren Zusammenhang. Man sieht auf den Bildern nicht, wo man sich befindet, sie sind nirgendwo verankert, die Szene könnte irgendwo in der Welt stattfinden. Solche Bilder machen keine klare Aussage. Ein gutes Bild bleibt hängen, gräbt sich ein in das Gedächtnis des Betrachters.

Viele Fotos von Heinz Landolt sind im Limmattal entstanden. Dies betrifft vor allem Aufnahmen im werbetechnischen Bereich, Food, Elektronik und Architektur. Zum Beispiel verfasste er einen Grossprospekt des KVA Limmattal. Auch die Nahaufnahme von der Hauskatze, deren Augen angespannt in eine Richtung blicken, gehört dazu. Wer je eine Katze besessen hat, liest die Botschaft in ihren Augen mühelos: «Ich bin bereit zum Sprung.» So war es denn auch tatsächlich. Landolt erinnert sich, dass die Katze einer Nachbarin gehörte. Damals spielten die Kinder am Boden mit einem Meerschweinchen, was die Katze, die auf einem Möbel sass, natürlich provozierte. Die Nachbarin hielt sie am Schwanz fest, damit sie nicht abspringen konnte. Heinz Landolt stand mit der Kamera daneben und drückte im richtigen Moment auf den Auslöser.
 
Sie haben Ihr gesamtes Berufsleben mit einer Kamera verbracht. Können Sie auch
mal ohne Kamera in die Ferien?
Landolt: Nein, das ist absolut nicht denkbar. Ich würde darunter leiden, ein tolles Sujet zu sehen und es nicht festhalten zu können. Ohne Kamera käme ich mir nackt vor.

     

Schwarz/Weiss Allg. Farbfotografie Tierfotografie Zinkografien Pop-Animals Werbung/Grafik Kunstfotografie

design and layout by Heinz Walt Dietikon-Online